Cornelius Völker, Werkschau. Kunstpalast Düsseldorf
15. Dezember 2023Winter-Rundgang an der Düsseldorfer Kunstakademie
27. Januar 2024„Guck mal.“
Babette Hintz stellt ihre Malerei bei uns aus. „Guck mal“ hat sie ihre Werkschau genannt.
Und zu gucken gibt es tatsächlich nicht nur viel, sondern auch viel Unerwartetes. Denn Babette Hintz hat uns Arbeiten aus unterschiedlichen Schaffensphasen mitgebracht. Sie decken eine ganze Bandbreite von überscharfem Hyperrealismus bis hin zur völligen Gegenstandslosigkeit ab.
In die gängigen kunsttheoretischen Schubladen „Abstraktion“ und „Gegenständlichkeit“ lassen sich die aktuelleren Arbeiten von Babette Hintz ohnehin kaum einsortieren. Vielmehr fliessen bei ihr diese vermeintlich unüberwindlichen Gegensätze ineinander und führen in eine neue Formensprache und eine eigenwillige Bilderzählung.
Phantasieräume
So gibt es etwa einen roten Bauwagen, der – wie eine Art roter Faden – das Werk von Babette Hintz schon länger begleitet. Oder auch kelch- oder halbkugelartige Figuren, die – an langen Fäden befestigt – an einer plastisch wirkenden Plattform hängen, einer Art grauem Felsen, teils begrünt, so hat es den Anschein. Und diese Gebilde wiederum scheinen insgesamt im freien Raum zu schweben. Oder auch nicht. Anders als der noch mehr oder minder identifizierbare Bauwagen lassen sie sich jedenfalls nicht mehr mit einem gewohnten alltäglichen Begriff benennen. Und so heißen sie bei der Künstlerin auch lediglich „Schwebende Formen“.
Ein wenig erinnert mich diese sorgfältig ausbalancierte Szenerie an Terry Pratchetts Scheibenwelt. Allerdings ruht der Kosmos von Babette Hintz nicht auf dem Rücken eines Elefanten oder wird gar von einer Schildkröte getragen. Und es passiert auch längst nicht so viel. Ganz im Gegenteil. Ihre schwebenden Welten sind deutlich reduzierter, in weiches Licht getaucht und ganz ruhig. Zumindest zeigen sich keinerlei Lebewesen, wobei man sich durchaus vorstellen könnte, dass die freundlich wirkenden Welten belebt sind. Vielleicht liegt es ja an dem weichen Licht. Aber das bleibt der Phantasie überlassen.
Der Bauwagen steht ohnehin im Nirgendwo. Wer mag, kann ihn bei der Bildbetrachtung auf die Reise schicken. Vielleicht wohnt ja auch jemand darin. Vielleicht sind auch die – wohl schwebenden – Kelche belebt, beziehungsweise bewohnt. Zumindest sind in ihre Hülle Formen eingefügt, die durchaus Türen oder Fenster sein könnten, und sie haben auch irgendeine Form von Dach oder Deckel.
Freie Formen
„Bauwagen“ oder „Schwebeform“ lassen sich ja durchaus noch benennen und beschreiben. Bei anderen Arbeiten sind derlei Anknüpfungen an die Dingwelt, die uns im Alltag umgibt, kaum noch möglich, und das abstrakte Element tritt noch stärker in den Vordergrund. Großzügige flächige Formen, die teils mit einer feinen Linie eingefasst sind, oder damit verknüpft. Das macht bisweilen fast den Eindruck, als seien sie mit einem Faden und einigen losen Stichen angeheftet. So wie ein Stück Stoff, das man einfach mal fixiert. Aber nur ganz locker, wie zur Probe.
Babette Hintz lässt alle assoziativen Freiheiten bei der Bildbetrachtung und benennt ihre Arbeiten nicht. So bezeichnet etwa der „Bauwagen“ als Titel zwar noch das Dargestellte, aber ist eher als eine Art von archivarischer Beschreibung zu verstehen. Und konsequenterweise bleiben die freieren, assoziativen schwebenden Formen oder ihre gänzlich abstrakten Farbfelder auch ganz „ohne Titel“ oder heißen schlicht „freie Form“.
Motivische Variationen in sanften Farben
Babette Hintz arbeitet gern in Serien, und findet sich auch ihr motivischer Kanon in unzähligen Variationen, in denen sie unterschiedliche Formate und einzelne Perspektiven, von nah bis fern, auslotet. Da gibt es unzählige Bauwagen und einzelne schwebende Kelche oder gleich ganz viele, schmale Felsen oder weite Plateaus, die sie wiederum auf andere Felsen stapelt. Und ihre Plattformen können – ebenso wie ihre gänzlich freien Formen – auch schon einmal den Bildraum sprengen. Sie sind so groß, dass sie nicht einmal mehr in den Rahmen passen.
Bei aller Unterschiedlichkeit, die sich über die Jahre ausgebildet hat, ist die Farbpalette ist bei Babette Hintz insgesamt sehr hell, reduziert und wirkt dabei sehr harmonisch und entspannt. Sie unterstützt den leichten, unbeschwerten, oft spielerischen Eindruck, den alle ihre Bildwelten machen. Pastellige Grau- und Beigetöne, ein helles Graublau und ein zartes Grün beherrschen ihre Bilder, bisweilen – sehr sparsam und punktuell – konstrastiert mit einem leuchtenden Gelb, Rosa oder kräftigem Rot-Orange.
Babette Hintz untersucht ihre malerischen Möglichkeiten und ihre sehr eigenen motivischen Welten sehr sorgfältig und genau. Ihre Werkschau lädt ein, sie auf diesem Weg ein Stück zu begleiten.
Babette Hintz, „Guck mal.“ Werkschau. Ausstellung bis April 2024.