„Mirabelle“ heißt „wunderschön“. Ein wirklich leckeres Konfitüren Rezept zum Selbstkochen
18. Oktober 2018Papiertaschentücher und der „Blaue Engel“. Was haben die denn miteinander zu tun?
4. November 2018„Paula Modersohn-Becker. Zwischen Worpswede und Paris“
Der Titel dieser Ausstellung trifft es ganz gut. Paula Modersohn-Beckers Leben pendelte tatsächlich zwischen der naturnahen Künstlerkolonie in Norddeutschland, die sich eher einer Art naturnahen „Stadtflucht“ verschrieb, zum einen, und der großen weltgewandten Metropole zum anderen. Starke künstlerische Impulse gingen von beiden Orten aus.
Paula Modersohn-Becker sucht auf ihren Studienreisen Inspiration, sie besucht Galerien und Museen, lernt Rilke und Rodin kennen. Sie befasst sich mit den allerneuesten Arbeiten der französischen Avantgarde ebenso wie mit dem „Exotischen“. Etwa den damals modischen japanischen Farbholzschnitten oder Altägyptischen Mumienportraits. Sie studiert Paul Cézanne, Henri Matisse, Vincent van Gogh und Paul Gauguin. All dies fließt in ihr Werk ein, das sich von einer eher impressionistischen Stimmungsmalerei zu expressionistischem Ausdruck wandelt. Massiger und flächiger wird, das in oft leuchtenden Farben nach der „Einfachheit der Form“ strebt, und häufig mit harten Konturen, die dunkel umrissen sind.
Paula Modersohn-Becker. Rundgang durch eine Biographie
Das Wuppertaler von-der-Heydt-Museum besitzt, neben Paula Modersohn-Beckers Heimatstadt Bremen, wohl die meisten Bilder der Künstlerin. Kurzum, was eignete sich infolgedessen also besser für eine große Einzelausstellung der Künstlerin.
Paula Modersohn-Beckers Werke werden anhand ihrer Biographie präsentiert und auch zusammen mit den Arbeiten anderer Künstler gezeigt, die sie stark beeinflußt haben. Fritz Mackensen, ihr Lehrer in Worpswede, Otto Modersohn, den sie in Worpswede kennenlernte und später heiratete, verließ und wieder zu ihm zurückkehrte. Heinrich Vogeler, Clara Rilke-Westhoff, die auch eine enge persönliche Freundin war, oder Fritz Overbeck. Aber auf der anderen Seite auch die Pariser Einflüsse. Wie etwa Auguste Rodin, Vincent van Gogh, Paul Cézanne, Èmile Bernard, Aristide Maillol, Bernhard Hoetger und Edvard Munch. Sie werden in den Kontext von Paula Modersohn-Becker gestellt.
Ihr Werk stieß zu ihren Lebzeiten häufig auf Unverständnis, wurde als „eigenartig“ und „befremdlich“ wahrgenommen. Vielleicht auch, weil sie mit ihrer Menschendarstellung nicht immer den gängigen ästhetischen Auffassungen entsprach. Zu Lebzeiten verkaufte sie kaum ein Bild.
Der „Paula-Mythos“.
Paula Modersohn-Becker (1876-1907) hat nach ihrem kurzen Leben und in nur zehn Jahren künstlerischer Arbeit ein sehr umfangreiches und vielfältiges Werk hinterlassen: Landschaften, Stillleben, Portraits (hier vielfach von Kindern, die sie sehr liebte) und sehr viele (etwa 50!) Selbstbildnisse.
Insbesondere in ihren Portraits und Selbstportraits erprobt Paula Modersohn-Becker eine ganze Bandbreite des künstlerischen Ausdrucks. Sowohl in der Komposition als auch in der Motiv Gestaltung. In Wuppertal sind zwei Selbstportraits zu sehen. Eines zeigt sie ganz konventionell, mit weisser Perlenkette (1906). Aber Paula Modersohn-Becker konnte auch ganz anders, und das sogar ziemlich aufsehenerregend.
Leider nicht in der Wuppertaler Ausstellung, aber dafür in Bremen zu sehen, ist sicher eines ihrer bekanntesten Selbstportraits. Nämlich ein sehr ungewöhnliches Bild. Und das nicht nur „für ihre Zeit“. Es zeigt sie als eine nackte, schwangere Frau. Wohl der erste nackte weibliche Selbstakt der Kunstgeschichte. Interessantes Detail: als sie dieses Bild malt (datiert und mit einem handschriftlichen Verweis ist es auf ihren sechsten Hochzeitstag 1906), ist sie gar nicht schwanger. Allerdings war ein eigenes Kind ihre große persönliche Sehnsucht. Ihre lang erwartete Tochter Mathilde bringt Paula Modersohn-Becker noch zur Welt, aber sie selbst stirbt kurz später an den Folgen einer Embolie.
Paula Modersohn-Beckers Biographie, ihr künstlerisches Suchen, ihr privates Unglück, ihre intensive Suche nach Selbstbestimmung in einer Zeit, als Frauen nicht an die Kunstakademie durften und in privaten Malschulen oft das doppelte Schulgeld zahlen mussten. Alles dies hat vielerlei Interpretationen beflügelt. In fast schon romanhafen Biographien und als tragische Filmheldin. Bisweilen fast schon schwärmerisch, ikonisch überhöht, gar als eine Leitfigur des Feminismus. Ob das so stimmt, vermag ich nicht zu beurteilen. Emanzipiert hat sich Paula Modersohn-Becker in jedem Fall.
Machen Sie sich doch mal selbst ein Bild!
Die Ausstellung in Wuppertal ist jedenfalls gar nicht „aufgeregt“, sondern zeigt auf anschauliche Weise eine starke, vielseitige Künstlerin, der leider nicht mehr als zehn Jahre für ihr Werk gegönnt waren. In dieser Zeit hat sie Werke erschaffen, die immer noch Gültigkeit besitzen.
Die Wuppertaler Werkschau ordnet Paula Modersohn-Becker einem klug und sachlich aufbereiteten künstlerischen Kontext zu. Paula Modersohn-Beckers eigene Worte, Zitate aus Briefen und Eintragungen sowie die Kommentare ihrer Weggefährten runden ihr Bild ab. Machen Sie sich selbst ein Bild von ihr. Das ist lehrreich und interessant. Gehen Sie hin! Viel Vergnügen!