Birgit Leßmann, Farbenmeer. Malerei
4. Dezember 2019Weihnachtsgrüße aus dem Meererbusch
19. Dezember 2019Aufbruchsstimmung im Kölner Kolumba Museum
Vielleicht ist das Kunstmuseum des Erzbistums Köln nicht unbedingt das allererste Museum, das einem in den Sinn kommt, wenn man nach den ganz großen Museen in Köln gefragt wird. Denn da gibt es so einige. Und Kolumba liegt ein wenig „versteckt“ mitten in der Stadt. Aber es gehört mit Sicherheit dazu. Denn die herausragende Sammlung von Kunst von der Spätantike bis in die Gegenwart und seine ungewöhnliche Architektur überzeugen als eine echte Spezialität.
Die im Herbst eröffnete, neue Jahresausstellung steht unter dem Motto „1919 49 69ff. Aufbrüche“. Das Kolumba lässt Künstlerinnen und Künstler erzählen, wie sie auf Umbruchssituationen in den letzten hundert Jahren der Geschichte reagieren. Die Antworten sind sehr unterschiedlich. Das Museum hat drei große geschichtliche Eckdaten gewählt. Das Haus präsentiert sich – wie gewohnt – in Kontrasten. Die Gegenüberstellung von alten Artefakten und Kunstwerken, etwa aus der Antike oder dem Mittelalter, mit zeitgenössischen Arbeiten ist, das ist der zentrale Kunstgriff, aus dem das Kolumba seine typische Handschrift entwickelt hat.
1919 – Traumata und Sehnsuchtsvisionen
Der erste historische Schwerpunkt im Kolumba steht für die Auseinandersetzung mit dem Grauen des Ersten Weltkriegs. Die traumatischen Erfahrungen fließen in Gemälde wie „Friesische Landschaft“ (1919) von Conrad Felixmüller oder die Tonskulptur „Sich im Schmerz aufbäumendes Pferd“ (1917/20) von Franz Wilhelm Seiwert ein. Alltagsdarstellungen, einfache Formen oder religiöse Motive sind hier ebenso vertreten wie politisch-soziale Manifeste der Künstler des „Jungen Rheinland“. Zusammen mit Architektur Utopien der Bauhaus Bewegung stehen alle diese Werke übrigens im Dialog mit mittelalterlichen Handschriften mit utopischen Texten und einer Auswahl an sakralen Gegenständen.
1949 – Blick zurück und nach vorne
Den Beginn markieren Trümmer und Zerstörungen, die nur mühsam wieder zu reparieren sind, wenn überhaupt. Die Alabasterskulptur „Muttergottes mit Kind“ (um 1650) vom Marienaltar in St. Kolumba wurde durch Bomben im 2. Weltkrieg zerstört. Sie wird viel später aus über 70 Bruchstücken wieder zusammengesetzt. Das Entsetzen über Abgrund und die ungeheure Verletzlichkeit der Menschen zeigt auch die Arbeit „Ecce homo“ (1949) von Altenbourg. In direkter Nachbarschaft dazu stehen vermeintlich profane Design Objekte wie Vasen, eine Nähmaschine, eine Kaffeemaschine. Ein Ventilator oder etwa auch ein Sitzmöbel für die Wandelhalle des ersten Deutschen Bundestages (1948/49, Entwurf Hans Schwippert). Diese Exponate dokumentieren die Aufbruchstimmung und Neuorientierung in eine demokratische, hoffnungsvolle Zukunft.
1969 ff – Der Aufbruch in die Ungewissheit
Die Ungewissheit der „Eckjahre“ 1919 und 1949 ist inzwischen Vergangenheit, und damit als Vergangenheit vermutlich mehr oder weniger „gesichert“. Das Jahr 1969 markiert den Aufbruch in eine Zeit, die wir jetzt als Gegenwart erleben. Vermutlich also alles andere als gesichert.
An den Wänden des Kolumba hängen Michael Opptitz‘ „Mythische Landschaften“ (1978 – 1984). Die Fotoserie zeigt Schamanen, die unterwegs sind auf der Suche nach den verloren gegangenen Seelen ihrer Patienten. Sie sind auf der Suche, ebenso wie die „Heiligen Drei Könige“ (1989) des Künstlers Michael Buthe. Ihre Reise wird bei ihm zu einem Fundholz, das ein bisschen aussieht wie ein Boot. Es ist beladen mit teils merkwürdigen Alltagsgegenständen. Im Übrigen ist diese Arbeit so platziert, dass sie auf das Gemälde „Maria vom Erbarmen“ aus dem 18. Jahrhundert zusteuert.
Marek Poliks‘ große Installation „Interdictor“ (2017 – 2019) lädt die Besucherinnen und Besucher zu einer Erfahrung mit allen Sinnen ein. Wer mag, kann sich inmitten dieser riesigen Klangmaschine Gedanken machen. Begleitet von einer verwirrenden Wucht an akustischen und optischen Signalen. Gedanken über das Aufbrechen, das Unterwegs sein, und vielleicht auch das Ankommen. Die Jahresausstellung im Kolumba lohnt sich sehr. Viel Vergnügen!