Frühling. Ein paar Überlegungen
9. Mai 2024DIE GROSSE 2024. Kunstpalast / nrw Forum Düsseldorf
17. Juni 2024Das Labyrinth des h e l r o t a u r u s
Der Künstler Helmut Berka stellt eine Werkschau bei uns aus. Arbeiten aus unterschiedlichen Jahren und Schaffensperioden, die sich im Zeitverlauf „lesen“ beziehungsweise anschauen lassen können. Großformatige Malerei und Objekte, aber auch filigrane Zeichnungen mit Collage-Elementen. Etwa Federn, Knochen, die Hüllen von Insektenlarven. Helmut Berka empfindet eine große Wertschätzung für alles, was die Natur gibt. Alles ist wertvoll, nichts ist unnütz oder umsonst und schon gar nicht vergebens.
Ein deutlich erkennbarer „roter Faden“ in seiner Werksgeschichte ist seine Faszination für die großen „alten“ Themen der griechischen Mythologie. Wir begegnen Göttern und Halbgöttern, Atlanten und Karyatiden, Nymphen und anderen Zwischenwesen mit menschlichen und göttlichen Eigenschaften. Und so heißt seine Werkschau auch „Das Labyrinth des h e l r o t a u r u s“. Und dies ist durchaus wörtlich zu verstehen, tauchen wir doch gemeinsam ab in einen labyrinthischen Kosmos mit ganz persönlichen Zügen.
Der „Helrotaurus“ ist eine Wortschöpfung, in der sein Vorname „Helmut“, seine bevorzugte, um nicht zu sagen: Lieblingsfarbe „Rot“, und der Minotaurus, das mythologische Mischwesen aus Mensch und Stier, ganz selbstverständlich ineinander verschmelzen.
„Alte“ Stoffe. Ganz aktuell
Mit seiner Begeisterung für die klassischen Mythen ist Helmut Berka nicht allein. Zahllose Künstlerinnen und Künstler haben sich im Laufe der Kunstgeschichte von den „alten“ Stoffen und Motiven inspirieren lassen. Die alten Griechen inspirierten unter anderem Shakespeare, Michelangelo, Rubens und Caravaggio, aber auch Jacques Offenbach, James Joyce und Walt Disney. Bis hin zur allerjüngsten Popkultur lässt sich ihre Wirkmacht nachvollziehen: Etwa in den Marvel-Comics und ihren filmischen Bearbeitungen oder in überbordenden Fantasy-Spektakeln wie „Game of Thrones“ oder „House of the Dragon“, um ein paar jüngere Beispiele zu nennen.
Tatsächlich sind die vermeintlich „alten“ Geschichten um all die Götter und Halbgötter zeitlos und allgemein gültig, über sämtliche Epochen und Kulturen hinweg. Sie vermitteln komplexe erzählerische Universen, in denen man sich kaum wirklich zurechtfinden, aber umso öfter verloren gehen kann. Sie scheinen wild und monströs, größer als das Leben selbst. Bisweilen sind sie auch von einer Absurdität, die sprachlos macht, und die sich vielleicht gerade deshalb umso besser als ein Bild vermitteln lässt.
Ganz große Gefühle und Verstrickungen
Es geht um die ganz großen Schicksalswege, um Liebe und Tod, Lust und Leidenschaft, Neid und Hass. Um Rache und Ruhm, abgründigen Zorn und Mord und Totschlag. Oder unendliches Leid und kaum erträglichen Verlust. Und wer sich für komplexe verwandtschaftliche Verhältnisse, dysfunktionale Beziehungen und unübersichtliche Familienkonstellationen begeistern kann, der ist bei den Göttermythen ebenfalls bestens aufgehoben.
Selbstredend regiert am Anfang das Chaos, und im weiteren Verlauf wird es nicht viel besser. Aus dem Chaos werden – wie sollte es auch anders sein – zunächst die dunklen Kräfte geboren: Erebos, die Dunkelheit, und Nyx, die Nacht. Dann tauchen die Erde Gaia auf und Tartaros, die Unterwelt, auf – und nur wenige Generationen später ist da ein unübersichtlicher Kosmos an Göttern, Halbgöttern, Himmelsboten, Nymphen und zahllosen Zwischenwesen, die einander – und auch diversen Menschen – das Leben schwer machen.
Unausweichliche Schicksale
Tatsächlich ist ein wesentliches Thema das unausweichliche Leid, das die einzelnen Protagonisten ereilt. Die besondere Härte des Schicksals, das etwa Sisyphos, Tantalos oder Prometheus zu erdulden haben, liegt nicht allein in der Wucht ihrer Last und der damit einhergehenden Schmerzen. Sondern es ist die unausweichliche, ewige Wiederholung, die dieses Leid so maßlos werden lässt. Denn Sisyphos muss diesen schweren Stein wieder und wieder auf den Berg rollen. Der hungrige und durstige Tantalos erreicht alle die verlockenden Speisen und das frische Quellwasser, die vor seiner Nase hängen, immer nur fast. Prometheus’ Leber wird das eine um das andere Mal von einem Geier aufgefressen, kaum dass sie nachgewachsen ist.
Variationen des Ewig-Gültigen
Die unendlichen Wiederkehr des Gleichen ist auch in den Mythen selbst angelegt. Sie sind groß genug, um wieder und wieder nacherzählt zu werden. Ohne dass sie sich dadurch abnutzen oder langweilig werden. Helmut Berka hat die Überfülle dieser „alten“ Stoffe für seine Kunst entdeckt, und entwickelt sie mit unterschiedlichen Medien auf seine ganz eigene bildhafte Art und Weise.
Helmut Berka; „Das Labyrinth des h e l r o t a u r u s.“ Werkschau bis Winter 2024.